Sonntag, 20. Februar 2011

Der Tiger heißt Old Surehand und ist Romeo


Ein Blog-Eintrag von Peter

Es ist Sonntag, Mittagsruhe. Romeo schaut mit Lisa zum hundertsten Mal Karl Mays „Unter Geiern“ mit Winnetou und Old Surehand. Er kennt alle Szenen und liebt Old Surehand so, dass er selbst Old Surehand sein möchte – aber mit den Händen von Old Shatterhand! Wenn ich ihn so erlebe, erkenne ich auch den Old Surehand immer mal wieder: Es sind Romeos Witze und sein Humor, wie zum Beispiel in der folgenden Episode:


Mama: „Romeo kommst Du mit raus?“
Romeo: „Nein, keine Lust“.
Mama: „Bitte Romeo, wir wollen alle noch ins Biomare einkaufen gehen, und wir wollen Dich nicht alleine zu Hause lassen.“
Romeo: „Ja aber unter einer Bedingung. Ich darf mir dort etwas aussuchen.“
Mama: „Nein.“
Romeo: „Aber ein altes Sprichwort sagt: Ihr sollt die Kinder nicht alleine zu Hause lassen.“ 
Mama: „Ein anderes, altes Sprichwort sagt, ihr sollt eure Eltern nicht erpressen...“
 

Auch ist Romeo inzwischen zum Feinschmecker geworden. Er kocht und vor allem er würzt jeden Tag mit Mama das Mittagessen, welches er sehr detailliert vorher ausgesucht hat. Dabei hat er gestern sogar seine Schwester Florence gefüttert. Romeo: „Na komm schon, mach den Schnabel auf, schmeckt doch gar nicht so schlecht!“
Eine andere Situation, vorige Woche im Krankenhaus: Die Schwester möchte Romeos Bett neu beziehen. Es ist schon 20 Uhr.
Schwester: „Romeo, darf ich dein Bett noch neu beziehen?“
Romeo: „Nein später, wir  spreisen dann noch.“
Schwester: „Mmmh, was esst ihr denn noch?“
Romeo: „Wir schauen noch Film und essen noch Chips.“
Schwester: „Was denn für einen Film und welche Chips?“
Romeo: „Natürlich „Der Tiger von Malaysia“ und Kartoffelchips mit Balsamico-Essig und etwas Rosmarin…“


 
Sandokan – Der Tiger von Malaysia ist ein neues Vorbild für Romeo. Ich glaube die Stärke und der Mut von Sandokan beeindrucken ihn sehr. Ich darf Romeo nur noch mit „Tiger“ ansprechen (und nicht mehr mit „mein kleiner Hase“). Allerdings ist das eine gute Idee, die ich sofort auf die Ansprache von Gerlind mir gegenüber umgemünzt habe: „Sage bitte nur noch „Tiger“ zu mir!“ 



Dennis hat in einem Kommentar von dem Vertrauen von Romeo gesprochen, und wir haben kürzlich davon geschrieben, dass Romeo sich einfach von der Krankheit verabschiedet und sein Leben lebt.
Lisa heute: „Romeo, stört dich nicht, dass du immer diesen Katheder mit dir rumschleppen musst?“
Romeo: „Nein, schau mal wie groß der unter dem T-Shirt sein kann.“

Vor zwei Wochen war einmal unklar, ob Romeo am Abend nach der Lumbalpunktion wieder aus dem Krankenhaus nach Hause gehen darf. Die Stunden der Ungewissheit und des Wartens wurden für mich immer unerträglicher. Endlich rief mich Gerlind an und sagte mir, dass es soweit ist, und sie jetzt nach Hause fahren können. Ich holte Lisa von einer befreundeten Familie ab und fuhr mit ihr nach Hause. Dort angekommen waren auch Gerlind und Romeo schon da. Alle Anspannung fiel von mir ab, und ich musste nur noch weinen. Da fragte mich Romeo: „Papa, bist du traurig, weil du Angst hattest, das wir im Krankenhaus bleiben müssen?“ Ich: „Nein, traurig bin ich nicht. Ich freue mich so sehr, dass du nach Hause gekommen bist“. Romeo: „Aber Papa, ich komme doch immer wieder nach Hause…“



Romeo ist nicht mehr der kleine Hase, er ist in den vergangenen Monaten zum Tiger geworden. Ich habe ganz viel Respekt davor.

Das Gute ist, dass wir alle die Chance haben, miteinander und aneinander zu wachsen, unsere Liebe und das Licht Gottes zu sehen. Wir sind auf dem Weg – und wir sind gemeinsam auf dem Weg – mit Euch.

Papa



Mittwoch, 16. Februar 2011

Donnerstag, 10. Februar 2011

Nochmal: Scotti, unser Hund - Wer kann helfen?

 Liebe Leute!

Haben heute wieder einen Krankenhaustag erfolgreich hinter uns gebracht. Diesmal ging alles gut und wir konnten abends wieder nach Hause. Ganz deutlich konnte ich heute wieder sehen, dass auf der Station sehr unterschiedliche Menschen arbeiten: die einen verweisen mich des Flures, wenn ich dort mein Kind stille (und das in einem "stillfreundlichen Zentrum für Frauen- und Kinderheilkunde"), die anderen gehen auf unsere Bedürfnisse ein oder retten eine verfahrene Erziehungsnotsituation...wie im echten Leben eben.
Derweil geht mir nicht aus dem Kopf, dass unser lieber Hund Scotti immer noch im Tierheim Leipzig sitzt. Meine Schwester war so lieb und hat schon vor geraumer Zeit einen Aushang angefertigt. Ich stelle den hier rein und würde mich sehr freuen, wenn Ihr den bitte ausdrucken und überall aushängen könnt, wo Ihr vorbeikommt: In der Kaufhalle, beim Kinderarzt, auf der Arbeit, etc. Es wäre doch ein sehr, sehr schönes Gefühl, zu wissen, dass er in guten Händen ist und ihn bald auch mal wieder besuchen zu können.

Sonntag, 6. Februar 2011

Im Vertrauen weitergehen

Die Frage "Wie geht es Euch?" ist im Moment gar nicht so leicht zu beantworten. Physisch - zum Glück - recht gut; geistig - erschöpft; emotional - durchwachsen.
"Was ist eigentlich los? Es läuft doch alles gut..." fragt Ihr Euch vielleicht. Warum können wir nicht einfach dankbar sein, dass es heutzutage eine Behandlung für diese Krankheit gibt, die in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle hilft (85 %)? Ich will versuchen, es zu beschreiben:

Was ist mit der Chemo?
Sicherlich habt Ihr - zumindest zwischen den Zeilen - bereits mitbekommen, dass wir der schulmedizinischen Behandlung eher kritisch gegenüber stehen. (Nein, daran hat sich nichts geändert.) Die Gründe:
Chemotherapie ist eine Behandlung mit Gift. Der theoretische Ansatz, der dahinter steht: Das Immunsystem wird zerstört, um es sich dann (ohne Hilfe) wieder neu – und hoffentlich gesund - aufbauen zu lassen. Dieser Ansatz steht im Widerspruch zu dem alternativ-medizinischen Ansatz: Das Immunsystem stärken und ganzheitlich den Menschen (psychisch und physisch) heilen.
Zu einer Chemotherapie gehören viele verschiedene Stoffe, die auf unterschiedliche Art und Weise in den Zellteilungsprozess eingreifen. Manche werden auch in die DNA der Zellen eingebaut und sollen so dafür sorgen, dass sich diese Zellen nicht mehr vermehren können. Was dabei noch so alles passiert, weiß man leider heute noch nicht. Die Chemotherapeutika selbst sind krebserregend. Sie können langfristig schwere Organschäden hervorrufen, auch impotent machen. In jedem Falle belasten sie den Organismus auf Dauer.
Wir versuchen natürlich alles, um diese Neben- und Nachwirkungen abzufangen und Romeos Körper zu stärken mit guter Nahrung, Vitaminen, Mineralstoffen – eben alles, was der Körper braucht um schöne neue und funktionsfähige Zellen herzustellen. Wir wollen alle Hilfe nutzen, die sinnvoll für Romeo ist.

Wieviel Chemo braucht Romeo?
Nun hat unser begleitend behandelnder anthroposophischer Arzt bereits im November kinesiologisch testen können, dass Romeo für seine Genesung keine Chemotherapie mehr braucht. (Wer von Euch noch keine direkte Erfahrung mit kinesiologischen Testungen hat, der halte sich bitte mit einem Urteil zurück.) Die Schulmedizin hat leider keine Möglichkeit festzustellen, wann ein Kind von der Leukämie geheilt ist. Sie hat nur die empirischen Erfahrungen aus vorhergehenden Kohorten. Um das mal ganz vereinfacht auszudrücken: Mit der derzeitigen Behandlung bekamen 85 von 100 Kindern 5 Jahre nach Erstausbruch keinen Rückfall. Für wieviele von diesen Kindern eine geringere Menge Chemotherapie gereicht hätte, weiß man leider nicht, bzw. gibt es einfach keinen Faktor, den man hinzuziehen könnte, um herauszufinden für genau welche Kinder dies so wäre. So betrachtet, kann ich sehr gut verstehen, warum die schulmedizinisch arbeitenden Ärzte so handeln wie sie es eben tun - das ist das Beste, was sie tun können. Unser innerer Konflikt rührt nun daher, dass wir das Gefühl haben, dass Romeos Leukämie schon längst geheilt ist (Ihr erinnert Euch vielleicht: Am Tag 29 konnten noch 1 Leukämiezelle pro 1 Million Zellen nachgewiesen werden). Worunter er jetzt leidet, ist die Therapie. Und der einzige Arzt (Ja, er ist auch schulmedizinisch ausgebildet und zugelassen), der dazu eine Aussage macht, sieht das auch so. Aber selbst uns fällt es schwer, den alternativen Methoden gänzlich zu vertrauen (Vertrauen ist das, was wir tatsächlich zur Heilung brauchen). Und so befanden wir uns - befand ich mich - wochenlang (vor allem um Weihnachten) in einem anstrengenden inneren Kampf zwischen der Abneigung gegen die Herangehensweise der Schulmedizin, der Suche nach Vertrauen, der Suche nach Sicherheit, der Auseinandersetzung mit der Angst und der Suche nach einem zweiten Arzt, der - auf einem direkteren Weg - Romeos Heilung testen könnte. Nun haben wir uns die Krankenhakte geben lassen und holen die  Meinung von 3 etwas alternativer arbeitenden Ärzten und Krebsspezialisten ein.
Das alles hat sehr, sehr viel Energie gekostet - daher die Erschöpfung.

Tür zu
Die Vorläufige Kulmination dieser Phase war ein Gespräch mit dem leitenden Personal der Station in der Uniklinik. Wir erhofften uns von diesem Gespräch objektive Informationen, um sowohl die Risiken der Krankheit als auch die Risikien der Therapie besser einschätzen und abwägen zu können.
Wir waren sehr dankbar, dass das Gespräch in einer freundlichen und sachlichen Atmosphäre ablief und wir haben wirklich sehr viele interessante Informationen erhalten. Wir haben auch - ehrlicher Weise - einige der Grenzen des schulmedizinischen Wissens zu sehen bekommen. Aber die entscheidende Frage - und ich denke, das wussten auch alle Beteiligten - war, wie das Team der Station reagieren würde, sollten wir erwägen, die Chemotherapie eher als im Protokoll vorgesehen zu beenden. Die Antwort - obwohl sehr menschlich und freundlich formuliert - hat mich in ihrem Gehalt für einige Wochen sprachlos vor Wut gemacht: Sorgerechtsentzug... So frei ist also der Mensch in Deutschland!

Wolang jetzt?
Mittlerweile ist Ruhe eingekehrt. Zumindest hat diese Androhung auch dazu geführt, dass wir erstmal nicht mehr so viel Energie in eine Entscheidung investieren, die zu treffen – gegenwärtig - unsere Kräfte übersteigt. Romeo lebt sein Leben und kämpft nicht gegen die Krankheit, sondern verabschiedet sich einfach von ihr.
Wir vertrauen in Gott und seine Liebe, die unsere Familie trägt – denn Gott lässt die seinen nicht im Stich! Und wir sind sicher, etwas Schönes und Hilfreiches wird sich ergeben und eine neue Tür wird sich öffnen – wir sind auf dem Weg.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr Eure Gedanken zu diesem Thema als Kommentar schreiben könntet.

Jeden Tag einen Schritt weiter

Hier wieder mal eins unserer berühmten Sofabilder:

Wie Ihr seht, sind alle zu Hause und es geht uns relativ gut.
Letzte Woche Mittwoch bis Freitag waren wir wieder in der Klinik zur Lumbalpunktion. Der Aufenthalt war leider länger als geplant: Eigentlich sollte die Punktion gleich Donnerstag früh stattfinden, deswegen ist Romeo gleich nüchtern geblieben. Dann musste aber erst noch Romeos Gerinnung "aufgepeppt" werden. Dabei hat er leider eine leichte allergische Reaktion auf das Plasma bekommen. So konnte die Punktion erst gegen 14 Uhr beginnen. Danach muss Romeo immer noch 2 Stunden flach liegen und darf weiterhin nichts essen. Na, da könnt Ihr Euch vorstellen, wie es ihm dann ging... Dazu kam, dass er im halbtrunkenen Zustand (nach der Narkose) aus dem Bett gefallen ist und sich ein schönes Horn abgeholt hat. Arnikasalbe ist leider noch nicht bis ins Krankenhaus vorgedrungen und kühlen wollte er auch nicht, so dass die Beule nach zwei Stunden immer noch da war und die Oberärztin uns "bat" zu bleiben, um Romeo noch über Nacht beobachten zu können. Es war ein super-anstrengender Tag und ich war total enttäuscht, als ich am Abend ohne Romeo nach Hause fahren musste.
Nun sind genießen wir das Wochenende gemeinsam zu Hause und müssen erst am Donnerstag wieder in die Klinik.
Wir befinden uns in einer Phase im Protokoll, in der Romeo jeden Abend eine Chemo-Tablette nehmen muss und insgesamt dreimal in 4 Wochen ins Krankenhaus zur Punktion. Von den 150 Tagen der Intensivphase befinden wir uns bei Tag 95.