Sonntag, 24. Juli 2011

Der letzte Blog-Eintrag kommt erst noch

Peter hat sich einen altern Jugendtraum erfüllt und sich nochmal eine Nikon F4 gekauft. Die ist analog. Weswegen von unserem Fest jetzt so belichtete braune Streifen entstanden sind, mit denen man heutzutage eigentlich überhaupt nichts mehr anfangen kann. Aber sobald sie entwickelt und eingescannt sind, schreibe ich noch einen letzten Blogeintrag über unser schönes Fest. Romeo geht es weiterhin sehr gut. Er geht wieder in den Kindergarten und bringt sich dort jetzt sehr aktiv ein - letzte Woche hat er zum Beispiel ein kleines Fußballturnier organisiert. Allerdings wird sein Wohlbefinden etwas beeinträchtigt von den neuerlichen Chemoattacken (Asparaginase), die in dem neuen Protokoll, nach welchem Romeo behandelt wird, noch hintendran gehängt wurden. Dadurch ist ihm morgens meistens übel und er mag nichts essen. Jetzt wird es schon langsam etwas besser: Heute früh hat er Grillkäse gegessen.

Montag, 11. Juli 2011

Kleines Kurtagebuch - Teil 3/3


Dienstag, 14.6. – Ein guter Tag!

Wir waren bei dem einzigen Bioland-Bauernhof im Umkreis von 50 km und wollten dort was Vernünftiges zu Essen kaufen. Leider konnte man dort keine Lebensmittel kaufen – aber die Bauersleute waren so nett, dass sie uns in den Garten baten und dort konnten wir nach Herzenslust Kirschen pflücken und in der Hängematte baumeln – herrlich. Die Bauersleute konnten uns auch sagen, wo wir in der Nähe einen Bioladen finden würden und so gab es zum Abendessen endlich RICHTIGES Brot und leckeren Frischkäse mit Safran, Kardamom und Datteln. Das Wort „Gaumenfreude“ wurde so seiner ursprünglichen Bedeutung zugeführt.
Von nun an kommen wir immer mit zwei großen roten Jutetaschen in den Speisesaal, auf denen gelbe Sonnen lachen und verkünden "Genfood - nein danke!".

Mittwoch, 15.6. - Neuland

Uups, was war denn das? Es gab Krach - richtigen Ehekrach! Wow, das hatten wir lange nicht und das tut auch gut, denn es zeigt: Es geht nicht mehr um Leben und Tod! Da kann man es sich auch ruhig mal wieder erlauben, nicht auf Teufel komm raus Harmonie zu halten. Und Florence fängt an zu laufen.

Donnerstag, 16.6. - Quarantäne

Seit gestern Abend hat Florence hohes Fieber und es geht ihr nicht so gut. Da es ja hier viele Kinder mit verringertem Immunsystem gibt, müssen kranke Kinder in Quarantäne. Das kann blöd sein - vor allem für die größeren Kinder - wenn sie nicht in den Kindergarten, die Schule und zu den Angeboten/Therapien gehen können. Aber für Flori und uns ist das eigentlich ganz entspannt, da haben wir einen Grund, ein paar Sportveranstaltungen zu schwänzen. Auch essen wir dann nicht im Speisesaal, sondern alleine in der Bauernstube und da ist es viiiiel ruhiger.

Freitag, 17.6.- Wandern

10 km, vielleicht, geht Peter täglich mit Flori durch die Felder spazieren, wobei sie schläft und er entspannt. Sein tägliches Bonmot: „Ich habe einen neuen Weg entdeckt“:


Samstag, 18.6.- Mittelaltermarkt

Flori ist wieder fit! Es ist viel los dieses Wochenende. Wir entscheiden uns für den Mittelaltermarkt am Wasserschloß Ovelgönne. Unterbrochen von Sturm- und Regenschauern betätigen wir uns im Bogen- und Armbrustschießen und genießen die Freiheit und die normalen Menschen. 


"Normal"? Naja, etwas seltsam sehen sie schon aus... Was suchen diese Leute, die sich in Gewaender kleiden und so leben wollen wie im 12. Jhd.? 


Ich glaube, sie suchen Authentizität. Ein verständlicher Wunsch in der heutigen Welt. So klingt der Ausspruch des Bogners  - „Ist das ein tolles Wetter!“ -  im Angesicht der Gewitterfront, die gerade sein Zelt wegzureißen droht, vielleicht ein bischen aufgesetzt, aber trotzdem charmant.

Sonntag, 19.6. - Heimweh!

Es hat sich eingeregnet. Wir wollen nach Hause. Wenigstens gibt es Sonntags immer Kuchen

Montag, 20.6. - Kampf im Aquarium

Romeo genießt seine Kraft in allen Zügen. Wenn er nicht in den blöden Kindergarten muss, dann ist er eigentlich immer entweder im "Aquarium" (Toberaum) oder in der "Ritterburg", wo man klettern und kissenschlachten kann oder Prinzessinnen einsperren... Meistens prügelt er sich mit größeren Jungs - da brauchen wir wenigstens kein schlechtes Gewissen zu haben. Und wenn ihm einer dumm kommt, dann kriegt er Sätze zu hören, wie den hier: "Wenn Du jemanden umschubsen willst, dann bist Du bei mir an der falschen Adresse!"

Dienstag, 21.6. - Das ganze Leben ist ein Spiel

Durfte heute zum "Trockenen Klangbad". Dieses Entspannungsschmankerl bekommt jeder nur einmal während der 4 Wochen: ein "Rundum-Wasserbett" mit eingebautem Lautsprecher, so dass man die Schwingungen der Musik am ganzen Körper spüren kann. Lisa und Romeo schwimmen und tauchen wie Fische - in echtem Wasser. Lisa könnte sogar noch das Seepferdchen bekommen, wenn sie wollte.
Und am Nachmittag saßen wir – fünf Weiber – plötzlich zwischen zwei Therapien da und wussten nicht, was wir machen sollten und fingen an "Zusammengesetzte Wörter" zu spielen! Das war auch so ein besonderer Moment. Denn so richtig und einfach nur spielen - nicht um ein krankes Kind zu beschäftigen, sondern einfach so, weil gerade nichts anderes zu tun ist - das ist toll!

Mittwoch, 22.6. - Würden wir wieder herfahren?

Rückenfit-Aktiv heute mit Trampolinspringen: Juchhuhh – ich habe wieder einen Beckenboden! Hat der ganze Sport doch etwas gebracht.
Am Nachmittag haben wir unser Abschlussgespräch mit dem Familienmanager. Er fragt uns, ob es uns was gebracht hat, hier gewesen zu sein. Wir drücken es etwas salonfähiger aus, aber unser Fazit ist: Man kann etwas auch scheiße finden und es geht einem trotzdem gut. Natürlich hoffen wir, dass wir nie wieder zu so einer Kur fahren dürfen. Denn diese Art Kur bekommt man ausschließlich, wenn man vorher richtig dolle krank war. Insgeheim denke ich noch: Und wenn hier einer familienmanagt, dann bin ich das...

Donnerstag, 23.6. - Fronleichnam


Wieder so ein schöner Feiertag. Wir danken dem Christentum und fahren in die uralte Stadt Hameln. Die Kinder sind etwas enttäuscht, dass sie keine Ratte finden. Aber die alten Fachwerkhäuser sind toll und das Eis schmeckt auch gut.

Freitag, 24.6. - Zu guter Letzt

Zum letzten Mal RückenFit aktiv, zum letzten Mal Musikzwerge -  irgendwie schon ein bischen traurig. Allerdings wird beim Essen heute der Höhepunkt der kulinarischen Perversion erreicht: Es gibt ein Fleisch, das entfernt an Huhn erinnert. Aber es hat keine Knochen, ist aber auch kein Filet. Es hat eine Füllung, aber, und das ist das eigentlich Gruselige: ringsherum eine unversehrte Haut...

Samstag, 25.6. - Ausflug

Unseren letzten gemeinsamen Nachmittag nutzen wir für einen Ausflug zum Aqua magica – hochgespannt, was für faszinierende Wasserspiele uns da wohl erwarten mögen. Leider finden wir keine. Aber nach dem obligatorischen Eiskonsum landen wir auf einem Spielplatz, der unserem Heimspielplatz an der Rennbahn doch verblüffend ähnlich ist! 


Sonntag, 26.6. - Ein Jahr Florence!

Geburtstag! Es ist tolles Wetter und wir machen ein neues Familienbild (schon seit zwei Wochen auf der Startseite zu bewundern), das doch deutlich anders aussieht als das letzte, oder? Nach dem Mittag fährt Peter zurück nach Hause. Wir fahren zur Waldbühne und schauen "Alice im Wunderland" - wirklich toll gemacht. Romeo fragt mich hinterher, wie das geht, dass man einfach alles vergisst und wie man einfach so kleiner und größer werden kann.

Montag, 27.6.- Abschlussfest


Am Ende – und obwohl wir  uns vehement geweigert haben – sind wir doch alle ein bisschen veroext. Selbst Lisas Vorschlag erscheint dann nicht mehr so absurd: „Wir könnten mit so einem  Folienstift hinten auf das Auto einen Mann, eine Frau, ein Mädchen, einen Jungen und ein kleines Baby malen – also unsere ganze Familie und dann so obendrüber:“ – sie zeichnet mit der Hand einen breiten Streifen in die Luft und schaut ganz versonnen – „Bad Oexen – Reha 2011“.

Dienstag, 5. Juli 2011

Kleines Kurtagebuch - Teil 2

Dienstag, 7.6. – Die Hausenten, die Kirschbäume

Die Parkanlage hier in Oexen ist wirklich wunderschön. Und das meine ich jetzt mal nicht ironisch. Leider dürfen die Kinder keine Kirschen pflücken.



Mittwoch, 8.6. – Klettern und Bogenschießen

Heute unser erster Familienprojektnachmittag an der Kletterwand. Lisa ist wie ein Wiesel in zwei Minuten oben und trägt sich in das Gipfelbuch ein. Am Ende wird sie ungefähr fünfmal drinstehen, weil ihr das Schreiben einfach solchen Spaß macht. Wir anderen schaffen es aber auch bis ganz oben. Am Abend gibt es ein Zusatzangebot Bogenschießen  für die Eltern – wow, ich fühle mich wie eine Amazone - coole Sache!

Donnerstag, 9.6. – Familien-Snoezeln

Ihr wisst nicht, was Snoezeln ist? Dann erklär ich es Euch: Das Euro-Eddy’s der Heilpädagogen. Der Snoezelbereich hier besteht aus 2 Räumen: einer zum Aktivieren und einer zum Deaktivieren – Verzeihung: Entspannen! Im Aktivraum gibt es ein Bällebad, Plastik verschiedenster Form, Farbe und Funktion mit der sich Eltern und Kinder dann gefahrlos bewerfen können – aber nicht dürfen, denn das ist nicht vorgesehen. Stattdessen sollen wir als Familie mal merken, wie das ist, zusammenzuarbeiten und in Windeseile 10 täuschendechte Plastikfrüchte aus dem Bällebad suchen. Und dann der Höhepunkt: Alle 5 Familienmitglieder kriechen in eine gefühlte 1 m² große Höhle, die mit Spiegeln ausgekleidet ist! Wow, Spiegel! Stellt Euch das mal vor! Ja, warum eigentlich? Keine Ahnung. Nach 15 Minuten totalen Auspowerns geht es dann für die gleiche Zeit in den danebenliegenden Ruheraum mit Wasserbett, Blubberlampen, Sternenhimmel, Klangschalen und Massagebällen. Es sind in der Tat soviele Entspannungsgegenstände angehäuft, dass man aus dem Gucken gar nicht mehr herauskommt und schwupps ist die Entspannungszeit auch schon vorbei.
Da sollen sie doch lieber die Kinder auf die Kirschbäume klettern und den Eltern mehr Zeit zum Entspannen lassen, dann könnten sie sich das ganze Plastik sparen...

Freitag, 10.6. – Integratives Familienreiten

Wir haben ein Pferd von der Koppel geholt und jedes Kind durfte 2mal 3 Runden in der Halle reiten. Ehrlich, ich hab schon spannendere Familiennachmittage erlebt. Aber eines war doch spannend: Da kam der Tierarzt kurz rein. Er steht an der Hallentür, schaut das Pferd an, neigt den Kopf ein wenig, nickt. Das Pferd nickt zurück.
Romeo und Peter führen "Peter den Großen"
Samstag, 11.6. – Ausflug nach Bad Oeynhausen.

Heute haben wir uns Fahrräder ausgeliehen: Ein Therapietandem und ein Rad mit Anhänger und damit geht’s ab durch die weite Flur. Wir suchen und finden den Kurpark in Bad Oeynhausen, Essen bei einem sehr netten Griechen und beobachten die Rentnerparade in der Fußgängerzone: Altersdurchschnitt etwas über 80.

Pfingstsonntag, 12.6. – Entdeckungen

Am Morgen fährt ein Sonderbus von der Klinik zur Kirche. Und wir sind sehr angetan von der erstaunlich modernen Gemeinde und der Freundlichkeit, mit der sie uns empfängt. 
Am Nachmittag machen wir weniger erfreuliche Entdeckungen, die eigentlich für sich sprechen: (ich hoffe, Ihr könnt es lesen...)



Pfingstmontag, 13.6. – Radeln

Heute nochmal Radtour querfeldein. Lisa und ich haben ein Riesenspaß auf dem Tandem und Lisa lernt begeistert, welche Getreide auf den verschiedenen Feldern wachsen.

Samstag, 2. Juli 2011

Kleines Kurtagebuch - Teil 1


Letzten Monat waren wir nicht da. Wir waren nämlich zur Kur! Auch an dieser Erfahrung möchten wir Euch gern teilhaben lassen. Ist ja auch spannend - vielleicht, irgendwie. Eine langverdiente Erholung sollte das sein. Und - naja - erholt haben wir uns dann auch - später...  Aber lest selbst:

Dienstag, 31. 5. – Anreise

Morgens um 7 Uhr beginnt unsere Reise – leider ohne Peter, der erst am Donnerstag nachkommt. Die Zugfahrt verläuft relativ entspannt – wir schaffen auch alle Umstiege mehr oder weniger stressfrei – dank der Hilfe einiger netter Mitreisender. Erst Tage später sollte ich merken, dass ich meinen todschicken, erst zwei Wochen alten Strohhut im Zug liegen gelassen hatte. Als wir in Bad Oeynhausen ankommen, nieselt es. Ein roter Bulli holt uns am Bahnhof ab. Wir bekommen ein Zimmer, unser erstes Mittagessen und viele, viele Zettel, Pläne und Belehrungen.

Mittwoch, 1.6. – Kindertag

Hui – und los geht’s: Mit Lisa in die Drachenhöhle gehen (Hort), mit Romeo in die Schildkrötengruppe und mit Flori zu den Häschen, dann mit Lisa in die Schule. Parallel Aufnahmegespräch erst bei der Ärztin, dann beim Familienmanager. Um 12 Uhr völlig erschöpft zum Mittagessen. Das ist es also – denke ich – was die Leute meinen, wenn sie von „Kurstress“ sprechen.
Am Nachmittag gibt es dann noch ein „Get-Together“ und „Fun-for-Kids“ in der Sporthalle. Flori schläft ganz schlecht und ich auch.

Donnerstag, 2.6. – Himmelfahrt

Die Feiertage sind frei. Aber heute regnet es und wir hängen ab. Am Abend kommt endlich mein Mann. Mein erster Gedanke: Nun kann er die Hälfte der Wege erledigen! 


Und wir bekommen unsere ersten Therapiepläne. Bei den Aufnahmegesprächen durften wir äußern, was wir gerne machen würden und jetzt dürfen wir uns überraschen lassen. Meiner für morgen sieht so aus: 8.30 Uhr – aktive Rückenschule, 9.30 Uhr - Bauch-Beine-Po, 10.15 Uhr – Entspannungstraining, 11.15 – Medizinische Trainingstherapie an Geräte (Muskelaufbau) und 15.30 Baby Schwimmen mit einem Elternteil.

Freitag, 3.6. – Das Essen

Es ist schön, dass wir nicht kochen oder abwaschen müssen. Das schafft wirklich freie Zeit. Allerdings erinnert das Essen hier an unseren Rodos-Urlaub im 3-Sterne-All-Inclusive-Hotel. Die meisten finden es gut, aber die Milch schmeckt eklig, Wurst und Käse sind mit Nitritpökelsalz, Geschmacksverstärkern und Farbstoffen versetzt und wegen EHEC gibt es kaum frisches Gemüse.



Samstag, 4.6. – Erkundungstour

Das Wetter ist jetzt richtig toll. Die Kinder erkunden das Gelände. Leider nimmt Romeo die heimische Flora etwas zu genau unter die Lupe und kostet ein Beerchen vom gefleckten Aronstab – hochgiftig. Brennt schrecklich auf der Mundschleimhaut, aber sonst passiert zum Glück nichts.




Sonntag, 5.6. – Runterkommen

Das Wochenende war wirklich schön. Tolles Wetter und die Kinder sind die ganze Zeit auf dem weitläufigen Gelände verschwunden. Endlich mal ein bisschen entspannen!
Therapiepläne für die kommende Woche. Lisa: „Ich liebe meinen Therapieplan!

Montag, 6.6. – Häschen in der Grube und Schildkröten

Oh je, die Kinderbetreuung ist harter Tobac für uns: Kinder haben hier artig und ordentlich zu sein und sich gefälligst nicht zu prügeln – „Dabei könnt Ihr Euch weh tun!“ Peter traut sich mit Florence in die Hasenhöhle, eigentlich ohne weitere Absicht, einfach damit sie das dort kennenlernen und mit den Kindern spielen kann, aber die „Erzieherinnen“ haben anderes im Sinn (nämlich den Eltern ihre Kinder abzunehmen) und dabei sind Eltern nunmal nicht erwünscht.